
Im Jahr 1856 berichtete der Alpenbote, dass eine der höchsten Persönlichkeiten Europas, die Kaiserin-Mutter von Russland, bald durch unsere Stadt reisen würde. Ihr Anblick war ein Ereignis, das sich in die Geschichte einprägte. Nachdem der Convoi der russischen Kaiserin-Mutter in Chur angekommen war, wurden die Wagen bei Hotel Steinbock am Obertor umgespannt, und die Pferde gewechselt. Der Umspannvorgang war notwendig, da die Kaiserin-Mutter für ihre Reise sage und schreibe 150 Pferde benötigte.
Mit diesem gewaltigen Pferdekonvoi zog die russische Herrscherin weiter Richtung Oberland. Der Transport hatte jedoch weniger mit königlichem Glanz zu tun, denn die feinen russischen Herrschaften blieben gänzlich unbeeindruckt von den ungehobelten Tieren, die auf den Markt getrieben wurden – eine Szene, die sich kaum mit der pompösen Erscheinung der Kaiserin vertrug und die mit republikanischem Desinteresse aufgenommen wurde.
Am Gasthof Steinbock, wo die Pferde gewechselt wurden, standen Landjäger und Polizeidiener bereit, um das Publikum in respektvollem Abstand zu halten, während die nun auch „gefürsteten Wagen“ der Kaiserin vorbeizogen. Ein Augenblick, der den besonderen Glanz und die bedeutende Stellung dieses Besuchs widerspiegelte, blieb in den Erinnerungen der Churer lebendig.